Psychosoziale Gesundheitskompetenz von Lehrkräften in Tirol

Dieser Beitrag ist Teil unserer Blogbeitragsreihe von Student:innen am MCI | Die Unternehmerische Hochschule®. Die geäußerten Ansichten sind die der Student:innen selbst und sollen der Information sowie dem Diskurs dienen.

 

Autorinnen: Nina Bazzanella, Lea Kirchler, Regina Kollmann, Timna Moser

29.6.2021

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Psychische Gesundheit ist der Grundbaustein für ein zufriedenes Leben, welche nicht nur individuelle, sondern auch gesellschaftliche Auswirkungen hat. Um Kindern und Jugendlichen bereits in jungen Jahren eine Möglichkeit zu bieten, sich auf mentale Herausforderungen im Alltag vorzubereiten, spielt die psychosoziale Gesundheitskompetenz der Lehrpersonen eine entscheidende Rolle. Als Problemstellung konnte identifiziert werden, dass sich Lehrpersonen zu wenig ausgebildet fühlen und vor allem Schwierigkeiten haben mit dem Thema umzugehen und unterstützende Maßnahmen für Betroffene in die Wege zu leiten (Bibou-Nakou, 2004; Hartmann, Rückmann & Tannen, 2020).

 

Empirische Forschung

Durch eine Umfrage wurde das Bewusstsein der Lehrkräfte in Bezug auf psychische Gesundheit, deren Selbsteinschätzung im Umgang mit Kindern und Jugendlichen in schwierigen Situationen und die Bedürfnisse zur Verbesserung erfragt. Diese Ergebnisse konnten anhand einer Online-Fokusgruppe noch weiter ergänzt und diskutiert werden. Insgesamt haben 420 Lehrkräfte in Tirol von unterschiedlichen Schultypen an der Umfrage teilgenommen, davon haben 288 Personen diese vollständig beantwortet. An der Online-Fokusgruppe haben 4 weibliche Lehrpersonen teilgenommen, 3 davon unterrichten in Volksschulen und eine in einer AHS.

 

Ergebnisse

  • Zusammenhang zwischen Kompetenzgefühl und Zusatzausbildungen

Es ist ein klarer Zusammenhang zwischen Kompetenzgefühl und Fortbildung/en zum Thema „Psychische Gesundheit“ erkennbar. Mehr als die Hälfte der Lehrkräfte, welche mindestens eine Fortbildung absolviert haben, fühlen sich eher bis sehr kompetent. Ebenfalls ist herausgekommen, dass die Mehrheit jener, welche keine Zusatzausbildung zum Thema „Psychische Gesundheit“ absolviert hat, bei der Frage nach dem Kompetenzgefühl, nur mit „teils teils“ geantwortet hat.

 

  • Zusammenhang zwischen Erfahrung/en mit psychisch belasteten Heranwachsenden und Verantwortungsgefühl, über die Thematik aufzuklären

Es konnte kein signifikanter Zusammenhang nachgewiesen werden. Dennoch ist klar zu sehen, dass das Verantwortungsgefühl bei jenen mit Erfahrung höher ist. Es lässt sich vermuten, dass aufgrund der kleinen Stichprobe diesbezüglich kein signifikantes Ergebnis nachgewiesen werden konnte. Auch aus der qualitativen Forschung geht hervor, dass die Teilnehmerinnen der Online-Fokusgruppe ein hohes Verantwortungsgefühl haben. Jedoch sind die Aufgabenbereiche von Lehrer/innen und Therapeut/innen klar zu trennen.

Abbildung 1: Verantwortungsgefühl

  • Zusammenhang zwischen Interventionsart und Veränderung der Situation der Betroffenen

Es konnten Unterschiede in den verschiedenen Interventionsarten festgestellt werden. „Gespräch mit Betroffenen“ und „Gespräch mit Kolleg/innen“ erweisen sich als erfolgreich. Obwohl ein unregelmäßiges Vorhandensein des/r Schulpsycholog/in in der Online-Fokusgruppe bemängelt wurde, zeigen die Ergebnisse der Umfrage, dass das „Gespräch mit Schulpsycholog/innen“ sehr wirksam ist.

Abbildung 2: Interventionsstart & Situation der Betroffenen

  • Zusammenhang zwischen Mobbing und „Gespräch mit Betroffenen suchen“

Zwischen Mobbing und „Gespräch mit Betroffenen suchen“ konnte kein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden. Jedoch ist die Interventionsart „Gespräch mit Kolleg/innen“ signifikant. In der Literatur wird zwar angeführt, dass bei Mobbing zunächst das „Gespräch mit Betroffenen“ gesucht wird, jedoch wurde auch beschrieben, dass bei Unsicherheiten vorerst das „Gespräch mit Kolleg/innen“ erfolgt. Zudem konnte aus der qualitativen Forschung entnommen werden, dass Mobbing ein sehr komplexes Thema ist und der Begriff, vor allem von Eltern, häufig falsch verwendet und gedeutet wird.

  • Bedürfnisse der Lehrpersonen für einen sicheren Umgang mit Betroffenen

Die Ergebnisse zeigten, dass sich die meisten Lehrpersonen eine Beratung für den richtigen Umgang mit Schüler/innen wünschen würden, sowie mehr externe Unterstützung. Die Teilnehmerinnen der Online-Fokusgruppe waren sich einig, dass es vermehrte externe Unterstützung braucht. Das derzeitige Angebot empfinden sie als unzureichend im Hinblick auf zeitliche Kapazitäten aber auch in Bezug auf die Qualität. „In Österreich stehen für 1,1 Millionen Schüler/innen derzeit nur 181 Schulpsycholog/innen zur Verfügung“ (news.ORF.at, 2021).


Fazit

Aus der quantitativen sowie qualitativen Forschung geht hervor, dass Zusatzausbildungen hilfreich sind, da sich die Lehrpersonen dadurch kompetenter im Umgang mit Betroffenen und im Einleiten von Interventionen fühlen. Da das „Gespräch mit Kolleg/innen“ eine wirksame Intervention ist, wäre künftig ein engerer und häufigerer informeller und formeller Austausch zwischen Lehrpersonen wichtig, um Betroffenen gezielter Hilfe zu leisten. In der Online-Fokusgruppe wurde der Bedarf des Lehrpersonals genauer ermittelt, wo vor allem mehr externe Unterstützung gewünscht wurde. Außerdem wären kleinere Klassen zielführend, da somit der/die Lehrer/in mehr Zeit für jede/n einzelne/n Schüler/in aufwenden kann.

Es ist erkennbar, dass die personellen Ressourcen nicht ausreichend ausgebaut sind. Zusätzliche finanzielle Ressourcen, um damit mehr Fachpersonal anzustellen, wäre erforderlich und könnte den Bedarf besser decken. Durch die frühe Hilfeleistung und das Erlernen des richtigen Umgangs mit der eigenen psychischen Gesundheit bereits in der Schule, wäre es möglich, die Gesundheitsförderung der Gesellschaft voranzutreiben.

Literaturverzeichnis

Bibou-Nakou, I. (2004). Helping Teachers to Help Children Living with a Mentally Ill Parent. School Psychology International, 25(1), 42–58. https://doi.org/10.1177/0143034304041502

Hartmann, A., Rückmann, J. & Tannen, A. (2020). Individuelle Gesundheitskompetenz von Lehrkräften und deren (Un)Sicherheit im Umgang mit chronisch erkrankten Schulkindern und Notfallsituationen. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 63(9), 1168–1176. https://doi.org/10.1007/s00103-020-03207-7

News.ORF.at. (2021). Derzeit 181 Schulpsychologen für 1,1 Millionen Schüler. Zugriff am 25.06.2021. Verfügbar unter: https://orf.at/stories/3214497/

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