Rauchen unter Kindern und Jugendlichen: Uncool, aber Prävalenz steigt mit dem Alter

 

25.06.2020

 

Die Kampagne der WHO zum diesjährigen Weltnichtrauchertag hat besonders auf die Gefahr für die junge Generation verwiesen: Bereits der Konsum von wenigen Zigaretten im Kindesalter kann das spätere Rauchverhalten stark beeinflussen1. Dass die Tabakindustrie besonders junge Menschen mit oft manipulativen Marketingstrategien gezielt anspricht kommt nicht von ungefähr. So stellt die WHO in ihrer Kampagne plakativ fest: “Würde ihr Produkt pro Jahr 8 Millionen Menschen töten, dann würden auch Sie auf die junge Generation abzielen”2. Übersetzt heißt das, wenn ein Produkt einen großen Teil seiner Kund/innen tötet, muss sich die produzierende Firma immer wieder neue Kund/innen suchen, am besten junge, die sich möglichst lange binden lassen. Das ist natürlich problematisch, denn junge Menschen haben vergleichsweise gering ausgeprägte Einstellungen bzw. Wissen und sind deshalb besonders empfänglich für attraktive Marketingbotschaften3. Besonders die Altersperiode zwischen 10 und 18 Jahren ist hier eine wichtige Phase, in der Kinder bzw. Jugendliche erstmals in den Kontakt mit Suchtmitteln kommen. Einflüsse und Entscheidungen, die in dieser Phase getroffen werden haben einen großen Einfluss auf die Ausprägung von Verhaltensweisen, die sich über das ganze Leben ziehen können.

 

WHO

Bild 1: WHO Kampagne zum Welt-Nichtrauchertag.

 

Gemeinsam mit den Partnern/innen4 des Programm Gesunde Schule Tirol” hat das CSHI (Center for Social & Health Innovation) eine Befragung von über 1.000 Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 18 Jahren durchgeführt. Insgesamt geben rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen an, mindestens einmal in der letzten Woche eine Zigarette geraucht zu haben (siehe Abbildung 1). Unterschiede zeigen sich allerdings entlang von Schultypen und Alterskohorten. Hinsichtlich der Schultypen zeigt sich, dass Schüler/innen der Berufsschule eine signifikant höhere Raucherprävalenz aufweisen als Schüler/innen anderer Schultypen. Dieser Tendenz zeigt sich auch, wenn nur die Alterskohorte zwischen 16 und 18 betrachtet wird (dabei fallen die Schüler/innen der NMS und Unterstufe AHS natürlich raus).

 


Abbildung 1: Rauchprävalenz unter den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen.

 

Ebenso ist festzustellen, dass die Rauchprävalenz mit zunehmendem Alter stark steigt (siehe vierte Grafik in Abbildung 3). Interessant ist, dass die Jugendlichen Rauchen nicht als besonders „cool“ empfinden. Auch ältere Jugendliche bewerten Rauchen eher als uncool. Gleichzeitig steigt die Einschätzung, dass Rauchen Spaß macht und, insbesondere, dass Rauchen etwas angenehmes sei, mit zunehmenden Alter an.

 


Abbildung 2: Rauchprävalenz nach Schultyp und Alter: BS = Berufsschule, NMS = Neue Mittelschule, AHS/BHS = Allgemeinbildende höhere Schulen / Berufsbildende höhere Schulen. Die Fehlerbalken zeigen die 95% Irrtumswahrscheinlichkeit.

 

Ein Grund dafür könnte sein, dass die Tabakindustrie Jugendliche auch zunehmend mit dem „Genuss“-Aspekt von Tabakprodukten anspricht. Dabei kommen auf Kinder und Jugendliche zugeschnittene Marketingmethoden zur Anwendung. Die WHO kritisiert dabei etwa die Bewerbung von süßen und fruchtigen Geschmacksrichtungen, für Kinder attraktive Produktplatzierung und Darstellungen (Schulnähe, Augenhöhe, Social Media, Influencer, Farbgebung der Produkte und Produktgröße), sowie die Verteilung von Gratisproben auf besonders von Kindern und Jugendlichen frequentierten Plätzen und Events5,6. Besonders perfide ist die Ausrichtung auf die für Kinder und Jugendliche ausgelegte Unterhaltungsindustrie. Unter anderem werden dabei Tabakprodukte in Videospielen glorifiziert, Zeichentricksendungen für die Promotion von elektronischen Nikotinprodukten verwendet oder Influencer mit Kindgerechten Inhalten für die Bewerbung von Tabakprodukten finanziert5,7,8

 


Abbildung 3: Der Zusammenhang zwischen Alter und Einstellungen sowie zwischen Alter und Rauchprävalenz. Der schattierte Bereich zeigt die 95% Irrtumswahrscheinlichkeit.

 

Auch wenn Kinder und Jugendliche zunehmend erkennen, dass Rauchen nicht unbedingt “cool” ist, so wird das Rauchen doch zunehmend mit Spass und Genuss assoziiert. Die Tabakindustrie wendet kreative Vermarktungsstrategien an, um die junge Generation früh an den Tabakkonsum heranzuführen. Hier müssen aktiv Gegenmaßnahmen (staatliche Regulierung) getroffen werden, um die Vermarktung von Tabakprodukten zu reduzieren und Eltern sowie Kinder und Jugendliche aktiv mit den Gesundheitsrisiken von Tabakprodukten zu konfrontieren.

 

Notes:

1. Jackson, C., & Dickinson, D. (2004). Cigarette consumption during childhood and persistence of smoking through adolescence. Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine, 158(11), 1050-1056.

2. https://twitter.com/WHO/status/1267482079492800512/photo/1

3. Buijzen, M. (2007). Reducing children's susceptibility to commercials: Mechanisms of factual and evaluative advertising interventions. Media Psychology, 9(2), 411-430.

4. Bildungsdirektion, Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), Land Tirol, Pädagogische Hochschule Tirol (PHT), ÖGK - Landesstelle Tirol

5. World Health Organization (2020). Tobacco and related industry tactics to attract younger generations https://www.who.int/news-room/q-a-detail/tobacco-related-industry-tactics-to-attract-generations [Zugriff 02.06.2020]

6. Vasiljevic, M., Petrescu, D.C., Marteau, T.M. (2016). Impact of Advertisements Promoting Candy-Like Flavoured E-Cigarettes on Appeal of Tobacco Smoking Among Children: An Experimental Study. Tob Control, 25(2), 107-112.

7. Truth Initiative (2018).Some video games glamorize smoking so much that cigarettes can help players win. https://truthinitiative.org/research-resources/tobacco-pop-culture/some-video-games-glamorize-smoking-so-much-cigarettes-can [Zugriff 02.06.2020]

8. Jackler, R.K., Ramamurthi, D. (2017). Unicorns Cartoons: Marketing Sweet and Creamy E-Juice to Youth. Tob Control, 26(4), 471-475.

 

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